Gründerinnen Interview

Marit Filger – 27. August 2023
Business, Re.Frame

Von Frauen gegründet und wirkungsorientiert: Re.Frame Studio ist ein interdisziplinäres strategisches Designstudio und Kollektiv, das im Sommer 2023 gegründet wurde. In diesem Einblicke-Artikel beantworten die Gründerinnen Tanja Hildebrandt und Marit Filger acht Fragen, um sich und die Vision von Re.Frame Studio vorzustellen.

Wer seid ihr, beruflich und als Menschen?

Tanja – Beruflich bin ich Kommunikationsdesignerin und -strategin, aber auch Konzeptionerin und Workshopleiterin. Mir macht es total Spaß mit anderen Leuten zu interagieren und gegenseitig voneinander zu lernen. Vor allem beim Thema Nachhaltigkeit – das ist seit dem Studium mein Nordstern. Bei Design, Kreativität und Nachhaltigkeit kann ich auch nicht wirklich zwischen beruflichen und privaten Interessen trennen. Nur Freizeit ist aber meine Begeisterung fürs Bouldern. Ich gehe super gerne auf Konzerte, bin Musik begeistert und liebe Fahrradfahren. Ich bin ein Gute-Laune-Mensch und eine Zu-viel-Denkerin – und jetzt auch Gründerin!

Marit – Gründerin bin ich jetzt auch, wow! Und Markenstrategin, Kommunikatorin und Kreative. Ich würde heute noch wertorientiert davor setzen, weil das ist der klare Fokus in meinen Projekten und der Zusammenarbeit mit Kund*innen geworden. In den letzten Jahren habe ich meine Liebe zu Kunst, Design und Interior auch immer mehr in meine Arbeit einbringen können. Meine Begeisterung für Stand-up Comedy in heruntergekommen Bars aber noch nicht. Ansonsten: Ich habe an vielen Orten gelebt und möchte noch so viel mehr von der Welt sehen.

Was war eure Motivation, Re.Frame Studio zu gründen?

Marit – Wir müssen unsere Talente für das Gute einsetzen und als Kreativbranche Karma-Punkte sammeln!

Tanja – Wirklich! Seit dem Studium sehe ich, wie Kommunikation, Marketing und Design auf negative Art und Weise von großen Unternehmen mit Geld genutzt werden. Das muss sich ändern: mit Transparenz und ehrlich guten Absichten! Gleichzeitig müssen wir auch anders arbeiten. Es kann nicht sein, dass es bei Praktika oder nach dem Studium nahezu unmöglich ist, einen fair bezahlten Job zu finden, Sichtbarkeit für die eigene Arbeit zu bekommen oder ein Portfolio aufzubauen. Meine eigene Erfahrung ist hier mein Antrieb, dem etwas entgegenzusetzen.

Marit – Das fühle ich sehr. Die Agenturwelt hat mich ausgebrannt und desillusioniert und spätestens die letzten Jahre haben mir gezeigt, dass es für Veränderung Handeln auf allen Ebenen braucht. Nicht nur privat müssen wir wertorientierte Prioritäten setzen, sondern vor allem da, wo wir am meisten Zeit, Energie und Schaffenskraft reinstecken: unsere Arbeit. Wir müssen das System nicht nur um- sondern neudenken und unsere Arbeit nach dem Leben ausrichten.

Wie ist Re.Frame Studio entstanden?

Tanja – Für mich ist seit dem Studium klar, dass ich im Kollektiv und im Bereich Nachhaltigkeit arbeiten will. Ich möchte auch schon seit Jahren gründen – nur nicht alleine, und leider habe ich nie die passende Person gefunden. Irgendwann habe ich mich dann gefragt, ob es zuerst die Person oder zuerst den Rahmen geben muss. Also habe ich mit dem Namen Re.Frame und einer vorläufigen Webseite den Rahmen gesetzt, oder wie Marit sagen würde: ‘Meine Idee ins Universum rein gesprochen und manifestiert’. Und das hat funktioniert, denn im Herbst 2022 sind Marit und ich uns im Impact Hub Hamburg über den Weg gelaufen. Wir haben schon beim ersten Austausch gemerkt, dass die Verbindung da ist. Wir hatten ähnliche Ideen und Ziele und fanden uns auch als Menschen gut. Die ersten Überlegungen gingen dann schnell und ab 2023 haben wir konkret an der Umsetzung gearbeitet. Wir haben gemeinsam überlegt, was Re.Frame genau ist, wie unser Studio visuell aussieht und wie wir als Kollektiv arbeiten. Denn auch wenn wir Re.Frame Studio zu zweit starten, werden perspektivisch viele andere Kreative dazukommen.

Warum ein Studio und Kollektiv und keine Agentur?

Marit – Wie in Wirtschafts- und Kreativ-Publikationen rauf und runter diskutiert: Das Agenturmodell funktioniert nicht. Es ist zu Kosten- und Struktur-Intensiv und Kund*innen wollen agilere, modulare Modelle, wo sie zu transparenten, fairen Preisen die passgenaue Expertise bekommen. Und genau das ermöglicht unser Kollektiv. Darüber hinaus muss es darum gehen, wie wir arbeiten. Kollaborativ, wertschätzend und empathisch – wir müssen uns alle zuerst als Menschen sehen und dann die Leistung, die wir bringen.

Tanja – Wenn wir auf Augenhöhe miteinander arbeiten, dann gehört es dazu, Nein zu sagen, zu hinterfragen und auf Nachhaltigkeit zu bestehen. Wir müssen uns alle dazu motivieren, bessere Entscheidungen für die Gesellschaft und den Planeten zu treffen. Und dabei ist es egal, ob wir am Anfang stehen, mitten im Prozess sind oder alles neu überdenken. Als Studio und Kollektiv stellen wir Impact über Profit.

Was schätzt ihr an der anderen Person?

Marit – Tanja und ich sind uns in allen wichtigen Überzeugungen und Werten einig und ergänzen uns bei unseren fachlichen und auch zwischenmenschlichen Stärken. Tanjas empathische Art gleicht meine direkte Art aus. Sie bringt Geduld und Ruhe mit, die ich nicht habe, und hinterfragt Entscheidungen und Prozesse. Tanja gleicht mein kreatives Chaos mit Ordnung und Struktur aus – was man so von uns mit ihr als Designerin und mir als Strategin vielleicht gar nicht denken würde, aber es stimmt. Tanja hat Zeitpläne und Details fest im Blick und gibt all unseren Kund*innen das Gefühl, dass sie gesehen und verstanden werden.

Tanja – Ich schätze an Marit sehr, dass sie einen unglaublich analytischen und strategischen Blick auf alles hat. Der sorgt immer für viel Inspiration, Denkanstöße und neue Sichtweisen. Wir geben uns beide Raum für all unsere Stärken und die Fehler, die uns passieren. Wir lernen von- und miteinander und unterstützen die Andere in all ihren Vorhaben. Marit ist extrem begeisterungsfähig und bringt sehr viel Drive mit. Wenn sie etwas macht, dann mit allem was sie zu geben hat und das schätze ich sehr an Personen.

An was für Projekten würdet ihr gerne arbeiten?

Tanja – Ich stelle es mir so vor, dass wir gar nicht bezogen auf eine Branche arbeiten, sondern sehr abwechslungsreiche Projekte haben. Deshalb kann ich keine bestimmte Marke und kein konkretes Projekt nennen, für das ich gerne arbeiten würde. Die Herausforderungen werden unterschiedlich groß sein, aber wir werden immer das gleiche Ziel verfolgen: den Wandel gestalten und Dinge zum Positiven verändern.

Marit – Ich habe in Branchen gearbeitet, wo soziale und ökologische Nachhaltigkeit keine Rolle gespielt haben und verstehe aus der Wirtschaftsperspektive, warum umdenken schwer sein kann. Aber weißt du was? Der Wandel findet statt und wir sollten uns alle beeilen, um dabei zu sein. Vom Einpersonen-Startup, bei dem wir mit dem strategischen Blick von außen die Impulse reingeben, die aus einer Idee eine Unternehmung machen, hin zum Marktführer, den wir in Workshops und im kollaborativen Prozess für neue Perspektiven begeistern.

Tanja – Das ist genau der Punkt: Wir wollen nicht belehren, wir wollen inspirieren und befähigen. Nachhaltigkeit und Transformation dürfen und sollten Spaß machen.

Warum ist jetzt die Zeit für Re.Frame Studio?

Marit – Als Designer*innen, Kreative und Strateg*innen sind wir Teil des Problems und tragen Verantwortung dafür, dass sich nachhaltig etwas ändert in unserer Branche – und das schon gestern und nicht erst morgen; ‘jetzt’ ist relativ. Wenn es um radikale Transparenz geht, sind wir spät dran. Wenn es um intersektionalen Feminismus geht, sind wir spät dran. Und so weiter. Zum Glück sind wir weitestgehend aufgewacht und verstehen, dass es bei allen Themen rund um soziale und ökologische Nachhaltigkeit fünf vor Zwölf ist. Wir hoffen sehr, dass die Idee und Werte hinter Re.Frame Studio bald nicht mehr ein Umdenken, sondern die Norm sind.

Was ist die Vision für die Zukunft?

Marit – Die digitale Welt wird immer aufregender und gibt uns so viele kreative Möglichkeiten. Gleichzeitig macht es für mich persönlich das noch spannender, in den physischen Raum zu gehen. Marken in den Raum zu bringen, Interior- und Ausstellungskonzepte zu entwickeln und Menschen zusammenzubringen und Emotionen erleben zu lassen.

Tanja – Menschen, die zusammen Impact generieren, sind die Vision! Ich wünsche mir, dass wir ein gesund-wachsendes Kollektiv werden, das nicht nur wirkungsorientierte Projekte umsetzt, sondern auch durch die Art und Weise, wie wir arbeiten, einen Unterschied macht und den Wandel voranbringt.